michelangelos david – ein prototyp des schönen mannes

kürzlich war ich mit einem kollegen im gespräch, und erzählte ihm von einer massage, die mich nachhaltig beschäftigte.

wenn ich massiere komme ich schnell an einen punkt in mir, an dem äußerlichkeiten (stil, figur etc.) unwichtig werden. es öffnet sich ein raum, nein, ich öffne ihn, in welchem ich zum kern des menschen heranreiche, an seine essenz. und mit dieser versuche ich in kontakt zu gehen, mit ihr zu sein. mein kollege sagte in diesem gespräch etwas für mich sehr wahres: dass schöne gäste (zunächst bezogen auf gegengeschlechtliche personen) es einem wirklich schwer machen können, genau diesen raum zu öffnen. mein erleben bestätigt genau das: das augenscheinliche schönheit, also ein körper, den wir nach den gegenwärtigen standards für schön befinden, befangen machen kann. warum ist das so? was bedeutet das für mich, was für einen solchen gast? ich fange mit letzterem an. ich erlebe menschen, die von der masse als schön bezeichnet werden manchmal wie gefangen in ihrer äußerlichkeit. die optische harmonie ist augenscheinlich, das ist das erste was mensch erkennt. und man kann daran wie hängen bleiben! es gibt untersuchungen, die zu belegen scheinen, dass schöne menschen es in unserer gesellschaft in vielen kontexten schlicht einfacher haben, niedrigere hürden meistern müssen. schönheit scheint türen zu öffnen!* möglich jedoch, dass dies für schöne menschen auch eine beschränkung bedeutet. schönheit als verpflichtung und als mauer. hinter der das wahre ich zunächst unerkannt bleibt.
ineressant und erhellend in jedem fall, was es mit menschen macht, denen es genau darum gehen sollte: hinter die fassaden zu blicken, in tieferen kontakt zu gehen. ich musste erkennen, dass es mein ego anfixt: der teil in mir, dem es wichtig ist, von schönheit als ebenbürtig benannt zu werden, wurde laut! dort nämlich lag meine schwierigkeit in jener massage: ein teil von mir war darauf bedacht von meinem gast anerkennung zu bekommen, ja vielleicht sogar begehrt zu werden. denn: das begehren eines begehrenswerten menschen schien im affekt zunächst die höhere wertigkeit zu haben. eine begegnung, die nachwirkt. durch die fragen, welche aufgeworfen wurden. durch eine weitere erkenntnis über meine inneren mechanismen. selbsterkenntnis, die auch mal weh tun darf. danke für diese herrliche arbeit!


* https://www.welt.de/wissenschaft/article94232/Wer-schoen-ist-kommt-weiter.html

von: SUNJA, 25.6.2019